04.05.2023 | EcOMMERCE MAGAZIN

Mehr Autonomie beim Kanalwechsel: Jeder zweite Verbraucher wünscht sich einfache und einheitliche Einkaufserfahrungen – egal ob im Laden, online oder verknüpft. Der Anspruch an Omnichannel steigt und wird besondere durch jüngere Konsumenten getrieben. IFH Köln, Google und der Handelsverband Deutschland (HDE) zeigen in neuer Studie, wie Technologien Händler beim vernetztem Kanaleinsatz unterstützen.

Online oder stationär? Die Antwort lautet online und stationär. Omnichannel ist das Credo im Handel, denn Kundinnen und Kunden kaufen verstärkt kanalübergreifend. Aber: Zwischen dem, was Kunden von Omnichannel-Services erwarten und den existierenden Omnichannel-Angeboten von Händlern existiert nach wie vor eine Kluft. Zu diesem Schluss kam bereits im vergangenen Jahr die „Google Omnichannel Excellence Study“ (GOES), die in diesem Jahr als „Google Omnichannel Future Study“ (GOFS) die Frage stellt: Wo sollten Händler jetzt investieren, um für ihre Kunden und deren Wünsche an Omnichannel-Services relevant zu bleiben?

Das Fazit der Studie, für die über 3.000 Konsumenten in Deutschland online befragt sowie 30 Interviews mit Experten aus Handel und Industrie geführt wurden: Die Ära der Kundenzentrierung hat gerade erst begonnen. KI und Machine Learning setzen neue Maßstäbe für den Omnichannel-Handel der Zukunft. „Der Anspruch der Konsumentinnen und Konsumenten an das ideale Einkaufserlebnis wächst unaufhaltsam. Kein Wunder: Mit zunehmenden digitalen Möglichkeiten wächst die Erwartungshaltung an die praktische Umsetzung – das gilt insbesondere für die junge Zielgruppe der Gen Z, die täglich und individuell zwischen Einkaufskanälen wechselt. Händler müssen hier technologisch unbedingt am Ball bleiben, sonst verlieren sie die Konsumenten der Zukunft“, berichtet Dr. Kai Hudetz, Geschäftsführer des IFH Köln.

Omnichannel: Kunden lassen sich nicht lenken

Eine gute Kundenerfahrung beim Einkaufen ist einfach und einheitlich – vor allem bei der jüngeren Generation, welche schon jetzt die Erwartungen an den Handel der Zukunft definiert. Die jüngere Generation der unter 35-Jährigen nutzt ganz selbstverständlich mehrere Kanäle zum Einkaufen – der Fokus liegt auf dem Smartphone, aber auch stationäre Läden haben nach wie vor Relevanz. Welcher Kanal genutzt wird, entscheidet sich situativ und individuell: Kunden entscheiden eigenständig ihre Customer Journey und haben kanalübergreifend ähnliche Prioritäten: Einfaches Suchen und Finden von Produkten, günstige Preise und gute Angebote sind die Top-Kriterien.

„Der Handel muss die Kundinnen und Kunden dort abholen, wo sie sind – also online genauso wie im realen Leben. In der Verknüpfung beider Welten liegt der Schlüssel zum Erfolg. Entsprechende Lösungen können beispielsweise Kunden-Apps oder Displays im stationären Einzelhandel sein. Im Onlinebereich werden soziale Medien für den Handel weiter an Bedeutung gewinnen“, berichtet Stephan Tromp, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes Deutschland (HDE).

Innovativ und vernetzt in die Zukunft

Erfolgsfaktoren eines erfolgreichen „Kanal egal“-Ansatz definieren sich unter anderem über Innovationen – insbesondere über solche, die mit Unterstützung von Künstlicher Intelligenz kanalübergreifend Kundendaten messen. Das Device mit steigender Zukunftsperspektive im Omnichannel bleibt das Smartphone. Es dient als „Hyperconnector“ verschiedener Touchpoints. Schließlich nutzt schon jetzt rund ein Viertel der unter 35-jährigen Verbraucher Apps auf dem Smartphone als Informationskanal vor einem geplanten Kauf – egal ob online oder stationär.

Omnichannel
Auf diese Merkmale achten Kunden im Omnichannel-Handel. (Grafik: IFH Köln, Google)

Handlungsempfehlungen für den Omnichannel

Die Autoren der Studie haben drei relevante Investitionsbereiche definiert, auf die Händler bei einer erfolgreichen Omnichannel-Strategie unter anderem achten sollten:

  1. Autonomie im Fokus: Omnichannel wird für nachwachsende Kundengruppen immer wichtiger. Eine autonome Kundenerfahrung wird zukünftig zentral. Händler sollten deshalb Maßnahmen und Services danach bewerten, ob sie die Autonomie ihrer Kundinnen und Kunden steigern.
  2. Keine Angst vor Innovationen: Omnichannel-Services, die auf Convenience, Zeitersparnis und Autonomie ausgerichtet sind, punkten bei der jüngeren Generation. Sie werden schnell adaptiert und zum neuen Standard. Deshalb führt für Händler kein Weg an der Transformation zu einer Innovationsorganisation vorbei, die dieses Tempo mitgehen kann.
  3. Erfolge messen und Daten miteinander verknüpfen: Omnichannel bedingt eine kanalübergreifende Erfolgsmessung. Daher müssen Händler in der Lage sein, alle Touchpoints zu verbinden. KI kann helfen, diese Daten zu verknüpfen, wobei das Smartphone als Hyperconnector die Brücke zwischen den Welten schlägt.

 „Die Studie zu Google Omnichannel Future zeigt, dass Kunden selbst bestimmen, wo sie sich informieren und wo sie kaufen – und erwarten von Händlern Kundenzentrierung auf allen Kanälen. Kunden priorisieren im Kaufprozess kanalübergreifend die gleichen Kriterien. Für Händler bedeutet das: Sie sollten ihr Ladengeschäft genauso fit machen wie den E-Commerce. Händler sollten ihre Strategien zur Datenmessung erweitern und in der Lage sein, alle Touchpoints zu verbinden. Künstliche Intelligenz kann helfen, diese Daten zu verknüpfen“, erklärt Judith Büchl, Lead Omnichannel bei Google Deutschland.

Wie Handelsunternehmen Omnichannel umsetzen

Simon Kramm, Chief Client Officer der PIA Media, vertritt folgende Meinung: „Omnichannel bedeutet vor allem, Kundinnen und Kunden auf Wunsch jederzeit einen Kanalwechsel zu ermöglichen – ohne, dass ein solcher Wechsel grundsätzlich notwendig wäre. Dafür bedarf es eines deutlich stärkeren Zusammenwachsens beteiligter Disziplinen. Im besten Fall gibt es ein übergreifendes Budget, ein übergreifendes Verkaufsziel, eine übergreifende Attribution und Messung.“

Andrea Lederer, Director eCommerce Central Eastern Europe und Omnichannel bei der Douglas GmbH, sagt: „Kunden sollen zu jeder Zeit über unterschiedliche Touchpoints mit uns als Unternehmen interagieren können. Dazu gehört beispielsweise auch, die Sichtbarkeit unserer Stores über digitale Kanäle zu steigern. Eine gute Indikation dafür liefert Google My Business. Dabei betrachten wir den gesamten Einkaufsprozess der Kunden und evaluieren, wie wir diesen durch Omnichannel-Maßnahmen optimieren können.“

Stephanie Wölfel, Head of Digital Business bei Ernsting’s family GmbH & Co. KG, erklärt: „Wenn man Fehler macht, heißt das, dass man überhaupt etwas macht! Fehler sind wichtig, um daraus zu lernen und sich im Omnichannel weiterzuentwickeln! Es hilft weiterhin, immer wieder darauf zu schauen, was für die eigenen Kunden das Beste ist. Es geht nicht darum, Themen auf die Roadmap zu setzen, die gerade „in“ sind oder die dem Vorgesetzten am besten gefallen. Kunden tatsächlich in den Mittelpunkt stellen, darum geht es.“

Zur Methodik der Studie

Die Studie „Google Omnichannel Future“ von IFH KölnGoogle und dem Handelsverband Deutschland (HDE) analysiert die zukünftige Relevanz von Omnichannel-Ansätzen im Handel. Sie zeigt zudem auf, was Unternehmen in Zukunft leisten müssen, um den Omnichannel-Erwartungen ihrer Kunden gerecht zu werden. Dazu wurden im Januar und Februar 2023 in einer repräsentativen Online-Umfrage 3.098 Konsumenten interviewt. Ergänzt wurde die Methodik durch 30 qualitative Interviews mit Experten aus namhaften Unternehmen aus Handel, Wissenschaft und Beratung. Die Studie gliedert sich in drei Themenbereiche: Do Not Babysit Customers – Kunden Hilfe zur Selbsthilfe geben, Success Factor Trial & Error: Perfektionismus ist der Feind des Guten und Connect or Lose: Die Ära der wahren Kundenzentrierung hat gerade erst begonnen.

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