Nach zwei außergewöhnlichen Jahren in der Konsumgüterbranche treten nun große Probleme auf. Ukraine-Krieg, Lieferketten-Probleme, Rohstoff-Knappheit und Erhöhungen der Energiekosten wirken sich auf die Konsumausgaben aus. „Während stationäre Formate im LEH in den letzten zwei Jahren deutliche Marktanteile gewonnen haben, müssen sie diese nun teilweise wieder an die Discounter abgeben“, so EHI-Präsident Markus Tkotz. Die Handelsmarken können davon profitieren. Im hochpreisigen Bereich herrscht Konsumzurückhaltung. Besonders deutlich ist das im Bio-Fachhandel. „Hier sind die Umsatzrückgänge innerhalb des gesamten Lebensmitteleinzelhandels am höchsten. Wenn dann noch eine Verdoppelung der Energiekosten, und geringere Marge dazukommen, weil erhöhte Lieferantenpreise nicht an die Kundschaft weitergegeben werden können, dann wird es eng“, so Tkotz. Dazu kommt noch ein dramatischer Personalmangel. Employer Branding, Active Sourcing, Prämien, Kampagnen auf allen medialen Kanälen stehen auf der Agenda. „Bei den Einzelhandelsunternehmen können wir beobachten, dass hier teilweise Öffnungszeiten reduziert werden, weil einfach nicht genug Kapazitäten von Mitarbeitenden zur Verfügung stehen. In der Gastronomie wird schon seit längerer Zeit an manchen Tagen gar nicht mehr geöffnet, bei den Supermärkten gibt es jetzt auch erste Beispiele von Unternehmen, die Märkte teilweise ab mittags schließen.
Bei den Startups können wir beobachten, dass die Wachstumskurven durch die Verfügbarkeit von Mitarbeitenden begrenzt werden und daher auch die Finanzierungsrunden gefährdet sind. Es wird höchste Zeit, dass wir einen geeigneten gesetzlichen Rahmen bekommen, um auch durch qualifizierte Zuwanderung dem Fachkräftemangel zu begegnen“, fordert der EHI-Präsident.
Ein anderes dringendes Problem sind die Lieferketten, die aus dem Tritt geraten sind.
Der Handel hat sich auf andere Vorlaufzeiten eingestellt und auch die Bevorratung steigt. Aber auch in der Logistik fehlen Fachkräfte. Der Fahrermangel hat sich durch den Krieg in der Ukraine weiter verschärft und Mitarbeitende für die Logistik zu finden, ist weiterhin eine echte Herausforderung.
„Wir werden hier weiter in Technik und Digitalisierung investieren müssen. Autonomes Fahren wird in der Logistik Realität werden müssen. Natürlich gibt es viele rechtliche Fragen bei diesem Thema, aber wir dürfen auch nicht aus den Augen verlieren, dass Versorgungssicherheit ein sehr sehr hohes Gut ist. Gleichzeitig müssen wir uns nach Alternativen umschauen. Leider konnte die Bahn bisher noch keinen geeigneten Beitrag zur Lösung unsere logistischen Probleme leisten. Und wie wir gerade wieder erleben, ist die Schifffahrt auch kein zuverlässiger Partner. Wir beobachten zurzeit, dass Unternehmen auch in eigene Kapazitäten für den Transport aufbauen oder sich zumindest feste Transportkapazitäten langfristig sichern. Zusammen mit ausgewählten Partner-Unternehmen arbeiten auch wir an der Bündelung von Warenströmen. Auch die Reduzierung von Wartezeiten an der Rampe kann ein Beitrag zur Reduzierung von logistischen Engpässen sein. Wir haben hier mit der digitalen Vorgangsakte ein erfolgreiches Projekt initiiert“, erläutert Tkotz.
KI, Automatisierung und Robotik gehören aktuell zu den wichtigsten Technologietrends im Einzelhandel. Vor dem Hintergrund des in allen Bereichen vorherrschenden Personalmangels, haben diese Themen zusätzliche Relevanz erhalten.
Was ganz oben im Aufgabenkatalog steht: Soziale Fragen, Umweltaspekte, Unternehmensführung: Ein ganzheitliches Nachhaltigkeitsengagement wird auch im B2B-Kontext zunehmend relevanter. Drei Viertel der Befragten stufen das Thema für das eigene Unternehmen zukünftig als sehr oder äußerst wichtig ein. Das zeigen die Ergebnisse des B2BEST Barometers des ECC KÖLN und Creditreform. Acht von zehn Befragten gehen davon aus, dass eine ganzheitliche Nachhaltigkeitsstrategie dazu beiträgt, dass B2B-Unternehmen langfristig erfolgreicher sind. Dabei werden alle drei ESG-Kriterien (ESG = Environment, Social, Governance) als relevant eingestuft: An erster Stelle steht das Thema Umwelt (79 Prozent), dicht gefolgt von einer verantwortungsvollen Unternehmensführung (76 Prozent) sowie sozialen Nachhaltigkeitsaspekten (70 Prozent).
Obwohl dem Thema Nachhaltigkeit insgesamt eine hohe Relevanz beigemessen wird und 67 Prozent der B2B-Unternehmen angeben, eine Nachhaltigkeitsstrategie zu verfolgen, zeigt sich in der Praxis oft noch Optimierungsbedarf. Dieses Bild spiegelt auch der Verdacht des Greenwashings wider: So glaubt die große Mehrheit (87 Prozent) der befragten-Unternehmen, dass Nachhaltigkeitsinformationen und entsprechende Maßnahmen oftmals nur für Marketingzwecke genannt werden, letztendlich aber nicht umgesetzt werden. Als größte Herausforderungen bei der Umsetzung nennen Unternehmen vor allem die unterschiedlichen Interessen diverser Stakeholder (66 Prozent) sowie zeitliche und personelle Ressourcen (58 Prozent). Die größten Vorteile durch nachhaltiges Engagement werden in den Bereichen Kundenbindung und Ressourceneffizienz erwartet. Ein besseres Image ist nur für drei von zehn Befragten ein Pluspunkt.
Insbesondere in der Logistik setzt man bereits einige umwelt- und ressourcenschonende Maßnahmen um. So nutzen mehr als acht von zehn Befragten nachhaltigere Verpackungen, indem sie recyclingfähiges Material verwenden und auf unnötiges Plastik verzichten. Auch der Wiederverkauf von B-Ware (78 Prozent) sowie die Begutachtung und Reparatur von Retouren (75 Prozent) sind wichtige Aspekte. Das ab Januar 2023 in Kraft tretende Lieferkettengesetz wird weiterhin sehr positiv bewertet: 78 Prozent der Befragten geben zu Protokoll, dass das neue Gesetz dazu beiträgt, die deutsche Wirtschaft nachhaltiger zu gestalten. Knapp ebenso viele sind der Auffassung, dass es die Menschenrechtssituation verbessert.
„Die Weichen für das neue Lieferkettengesetz zu stellen, geht für die Unternehmen natürlich auch mit zeitlichem und finanziellem Aufwand einher. Dennoch überwiegen für 70 Prozent der Befragten die positiven Effekte. Etwas kritischer stehen dem Ganzen kleinere Unternehmen gegenüber: Auch wenn diese zunächst nicht direkt vom Lieferkettengesetz betroffen sind, rechnen sie mit erheblich höheren Aufwänden, beispielsweise wenn sie Zulieferer für Großunternehmen sind“, ordnet Christian Kramer, Branchenmanager Groß- und Außenhandel bei Creditreform,
Die Bewertung der wirtschaftlichen Lage fällt insgesamt gut aus, erreicht im vierten Quartal mit 2,16 (auf einer Skala von 1=sehr gut bis 5=sehr schlecht) aber den schlechtesten Wert seit der Ersterhebung des B2BEST Barometers vor zwei Jahren. Es ist davon auszugehen, dass sich diese Tendenz angesichts der Energiekriese fortsetzen wird: Mehr als die Hälfte der Befragten erwartet aufgrund des Anstiegs der Energiepreise in diesem Herbst/Winter eine starke oder extreme Verschlechterung der eigenen Wirtschaftlichkeit.
„Die aktuellen Entwicklungen und die Folgen des Krieges in der Ukraine machen den Herstellern und Großhändlern weiterhin zu schaffen. Sie sind betroffen von steigenden Preisen, Materialknappheit sowie Einschränkungen in der Logistik. Dennoch hat der Großteil der B2B-Unternehmen das Thema Nachhaltigkeit nicht vernachlässigt und in den vergangenen Monaten vor allem in die Bereiche Umwelt und Soziales investiert“, resümiert Dr. Kai Hudetz, Geschäftsführer des IFH KÖLN und Gründer des ECC KÖLN.