eCommerce magazin 08.07.2022
Das seit Kriegsbeginn in der Ukraine abgekühlte Konsumklima prägt zur Jahreshälfte auch den E-Commerce. Die Umsätze liegen jedoch weiter auf hohem Niveau, ist den Ergebnissen des bevh zum 2. Quartal zu entnehmen.
Im zweiten Quartal ging beim E-Commerce mit Waren der Umsatz um 9,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum zurück. Eine der Ursachen für das abgekühlte Konsumklima sind die Folgen des Ukraine-Krieges. Die Gesamtumsätze der E-Commerce-Branche liegen aber noch immer acht Prozent über dem Vergleichswert im zweiten Quartal 2020. Und 25,8 Prozent über dem Vergleichswert im Vor-Corona-Jahr 2019. Die gesamten aufgelaufenen Umsätze im ersten Halbjahr 2022 liegen 1,3 Prozent unter den Halbjahresumsätzen von 2021. Aber mit 32,9 Prozent Zuwachs liegen sie noch immer substantiell über dem Wert des ersten Halbjahres 2019.
Konsumklima: Deutsche Verbraucher schränken sich ein
„So normal der E-Commerce für die Menschen geworden ist, so wenig kann er sich der weitreichenden Störung des Konsumklimas, wenn nicht der Gesamtwirtschaft, entziehen. Die Deutschen schränken sich angesichts steigender Lebenshaltungs- und Energiekosten bei nicht benötigten Waren oder Dienstleistungen deutlich ein. Dennoch kann der Onlinehandel, der eine hohe Preistransparenz und Zugang zu passenden Angeboten ermöglicht, gerade jetzt bei Käufen dringend benötigter Bedarfswaren unterstützen“, kommentiert Martin Groß-Albenhausen, stellvertretender Hauptgeschäftsführer beim bevh, die jetzt veröffentlichten Ergebnisse.
Wenn eine Anschaffung sich nicht aufschieben lässt, stellt der Onlinekauf eine überzeugende Alternative dar. Das zeigt sich am weiterhin wachsenden Umsatz in den Kategorien Haushaltsgroßgeräte (plus 6,1 Prozent) und Spielwaren (plus 5,1 Prozent). Bei Medikamenten liegt der Zuwachs bei 5,4 Prozent). Allgemein noch am wenigsten vom fragilen Konsumklima betroffen ist das Cluster „Täglicher Bedarf“ mit minus 1,4 Prozent, das sich aus den Segmenten Lebensmittel (minus 4,7 Prozent), Drogerieprodukte (minus 2,1 Prozent) und Tierbedarf (plus 6,7 Prozent) zusammensetzt.
Starke Umsatzrückgänge bei Elektronikprodukten und Medien
Das stärkste Minus verzeichnen hingegen Elektronikprodukte mit minus 19 Prozent. Gefolgt von Büchern/E-Books/Medien (minus 16,5 Prozent) sowie Blumen & DIY (minus 15,5 Prozent). Das Cluster „Unterhaltung“ kühlt sich insgesamt um 15,8 Prozent ab. Das Minus beim Cluster „Bekleidung“ (Bekleidung und Schuhe) liegt bei 11,1 Prozent. Wie selektiv die Deutschen aktuell ihr Geld ausgeben, zeigt auch der Bereich „Digitale Dienstleistungen“, unter den auch Urlaubs- und Flugbuchungen fallen. Zwar liegen die Umsätze in der Reisezeit 49,7 Prozent über dem Vorjahresquartal, allerdings liegen sie noch 31,5 Prozent unter dem Vergleichswert von 2019.
Onlinehändler können sich Abwärtstrend besser widersetzen
Im Vergleich der Versendertypen zeigt sich, wie unterschiedlich die Händler vom unsicheren Konsumumfeld betroffen sind. Reine Onlinehändler widersetzen sich dem Trend am besten, kommen im zweiten Quartal aber über ein Minus von 5,6 Prozent nicht hinaus. Zur Jahresmitte liegt diese Vertriebsform allerdings noch immer 4,21 Prozent über dem Vergleichswert des Vorjahres. Online-Marktplätze haben sich mit einem Umsatzminus von 9,7 Prozent im zweiten Quartal auf Marktniveau entwickelt, im Halbjahresvergleich kommen sie auf 0,3 Prozent Wachstum.
Anders als die reinen Onlinehändler haben die Multi-Channel-Händler (Läden mit zusätzlichem Online-Standbein) im E-Commerce deutlich stärker als der Markt verloren (minus 14,6 Prozent), worin sich auch eine Rückkehr von Kunden in die stationären Geschäfte der Unternehmen spiegeln könnte. Die aufgelaufenen Umsätze im gesamten ersten Halbjahr liegen im Multi-Channel-Handel 1,91 Prozent niedriger als im Vorjahreszeitraum.
Konsumklima: Kunden kaufen vorsichtiger ein
In der Sonderbefragung des bevh gaben 24,8 Prozent der Online-Kunden an, zukünftig weniger Geld online ausgeben zu wollen. Im ersten Quartal sagten dies nur 18,4 Prozent, vor Jahresfrist sogar nur 18,2 Prozent der Befragten. Für „gleich viel oder mehr Geld“ als im schwachen zweiten Quartal wollen derzeit nur 62,5 Prozent der Befragten einkaufen. das sind fast zehn Prozentpunkte weniger als im 1. Quartal 2022.
Ein weiteres Indiz für das eingetrübte Konsumklima ist die Veränderung beim Datum des letzten Kaufs. Innerhalb der letzten 7 Tage hatten im zweiten Quartal nur 40,7 Prozent der Befragten online eingekauft. Im ersten Quartal waren es, wie in den Vorjahresquartalen, noch 46,6 Prozent. Zuletzt hatte dieser Wert vor der Coronakrise um oder unter 40 Prozent gelegen. „Die zuletzt viel zitierte Aussage, dass ‚die Party im E-Commerce vorbei sei‘, sagt nicht mehr aus, als dass die Branche wieder hart arbeiten muss, um den Zuspruch und das Vertrauen der Kunden zu erhalten. Und das gelingt den Online-Anbietern nachhaltig“, erklärt Groß-Albenhausen.
Hohe Zufriedenheitswerte bei E-Commerce
Dass es sich bei den geringeren Kaufabsichten um keine Abkehr vom E-Commerce als Einkaufskanal handelt, zeigen die hohen Zufriedenheitswerte. In der Sonderbefragung erklärten mit 96,8 Prozent nur minimal weniger der Verbraucher, sie seien mit der Bestellabwicklung „sehr zufrieden“ oder „zufrieden“, als im ersten Quartal mit 97 Prozent). Der Wert liegt sogar einen Prozentpunkt über dem Vergleichszeitraum des 2. Quartals 2021 (95,7 Prozent). Die Zahl der Kunden, die die Bestnote vergaben, veränderte sich im zweiten Quartal nicht. Sie lag wie im ersten Quartal 2022 unverändert bei 80,3 Prozent.
Der Bundesverband E-Commerce und Versandhandel Deutschland e.V. (bevh) ist die Branchenvereinigung der Online- und Versandhändler sowie Dienstleister. Nach Fusionen mit dem Bundesverband Lebensmittel-Onlinehandel und dem Bundesverband der Deutschen Versandbuchhändler vertritt der bevh die Brancheninteressen aller Mitglieder gegenüber dem Gesetzgeber sowie Institutionen aus Politik und Wirtschaft. Neben der Information der Mitglieder über aktuelle Entwicklungen gehört die Organisation des gegenseitigen Erfahrungsaustausches zu den Aufgaben des Verbands. Außerdem bietet der Verband fachliche Beratung an. (sg)