t3n | 05.05.2022 | Tobias Weidemann
Der Handelsverband Deutschland hat jetzt seine Umsatzschätzung für das aktuelle Jahr gesenkt. Schuld daran ist der Ukrainekrieg und die zu erwartenden Logistik- und Lieferschwierigkeiten der kommenden Monate.
Nach zwei Rekordjahren in 2020 und 2021 stößt das Umsatzwachstum im Onlinehandel in diesem Jahr mit Blick auf die schlechte Konsumstimmung wegen des russischen Krieges in der Ukraine wohl erstmals wieder an seine Grenzen. Die Umsätze wachsen zwar weiter, der Handelsverband Deutschland (HDE) senkt seine Prognose für das laufende Jahr jedoch um eine Milliarde, sodass der Onlinehandel in Deutschland in diesem Jahr auf ein Plus von 12,4 Prozent im Vergleich zu 2021 kommen dürfte.
„Der HDE-Online-Monitor 2022 macht deutlich, dass der Onlinehandel auch aufgrund der massiven Auswirkungen der Corona-Maßnahmen mit Geschäftsschließungen und Zugangsbeschränkungen auf zwei Rekordjahre zurückblicken kann. Klar ist aber auch, dass der Online-Bereich genau wie der gesamte Einzelhandel unter der aktuell schlechten Verbraucherstimmung leidet“, erklärt der stellvertretende HDE-Hauptgeschäftsführer Stephan Tromp. Gerade in den letzten Tagen haben die aktuellen Geschäftszahlen von Amazon wie von Zalando gleichermaßen gezeigt, dass die Party im Onlinehandel zwar nicht vorbei ist, dass sich aber auch der E-Commerce dem großen Trend nicht verschließen kann.
E-Commerce: Reduzierung der Erwartungen auf hohem Niveau
Ein Grund für rapide fallende Aktienkurse, wie wir es aktuell erleben, ist das allerdings auch nicht. Denn die mittelfristigen Aussichten bleiben ja gut, auch wenn die Nervosität an den Märkten aktuell scheinbar hoch ist. Der HDE hat seine bisherige Prognose kassiert und geht entgegen seiner ursprünglichen Voraussage für den Onlinehandel in Deutschland nunmehr von einem Umsatzwachstum im Vergleich zum Vorjahr in Höhe von 12,4 Prozent auf dann 97,4 Milliarden Euro aus. Ursprünglich hatte der Handelsverband ein Plus von 13,4 Prozent prognostiziert.
In den Jahren 2020 und 2021 konnte der Onlinehandel noch um 23 beziehungsweise 19 Prozent wachsen, was sicherlich auch Ausnahmeerscheinungen waren, die auf die Sondersituation in der Coronazeit zurückzuführen waren. Doch die Pandemie, so erklärt auch der HDE, ist keinesfalls überwunden und die zusätzlichen Herausforderungen sorgen für angespannte Zeiten. Neben den externen Einflüssen trägt hierzu auch die abwartende Haltung vieler Kund:innen bei.
Doch Branchen reagieren unterschiedlich auf die Herausforderungen. Während sich insbesondere bei Fashion, Unterhaltungselektronik und Elektronikartikeln ein Plus von 3,2 Milliarden Euro (Fashion) sowie 2,9 Milliarden Euro (UE/Elektro) im Vergleich zum Vorjahr messen ließ, nahm der Wert des Online-Geschäfts am schnellsten in den Bereichen Wohnen und Einrichten (um knapp 30 Prozent) sowie bei Lebensmitteln und Kosmetik (um 30 Prozent) zu. Weiter an Bedeutung gewinnt dabei der Einkauf über das Smartphone. So wurde im vergangenen Jahr mehr als die Hälfte der Onlineumsätze über diese Geräte generiert. Das entspricht Umsätzen in Höhe von 47 Milliarden Euro.
Präsenzhandel dürfte es härter treffen
Es bleibt abzuwarten, wie kleinere Onlinehändler die angespannte Lage im Griff behalten. Hier kommen solche Entwicklungen der Erfahrung nach eher etwas später an als bei den Großen der Branche – dafür aber nicht weniger hart. Interessant wird auch sein, ob sich der Präsenzhandel diesen Trends entziehen kann. Man kann davon ausgehen, dass dem nicht so ist, da hier insbesondere aufgrund der letzten beiden Jahre die Möglichkeiten, Rücklagen zu bilden, deutlich eingeschränkter waren als im Onlinehandel. Im Gegenteil haben viele Händler trotz geschlossener Läden weiter laufende Kosten gehabt. Das könnte die Krise jetzt zusätzlich erschweren.